Volker Gerling
Bilder lernen laufen, indem man sie herumträgt
Mit einem Bauchladen auf dem sechs seiner fotografischen Daumenkinos liegen, geht Volker Gerling regelmäßig auf Wanderschaft. Er reist zu Fuß und zeigt seine Daumenkinos den Leuten am Straßenrand und über den Gartenzaun, besucht Dorffeste und führt seine Bilder abends in Kneipen vor. Für das Programm Bilder lernen laufen, indem man sie herumträgt hat Gerling eine Präsentationsform gefunden, mit der er sprichwörtlich im Handumdrehen Film und Fotografie so verbindet, dass dabei ein völlig neues Genre entsteht. Die vom Daumen bewegten Bilder lernen per Videotechnik das Laufen auf der Leinwand. Beide Techniken sind atemberaubend – jede auf ihre eigene mediale Weise. Gerlings Daumenkinos sind einfühlsame und poetische Miniaturen, angesiedelt zwischen Film und klassischer Portraitfotografie. Sie erzählen von der Sehnsucht, die einen manchmal überkommt, nicht die Zeit anzuhalten, sondern sie in die Länge zu ziehen, sie im Raum zu verteilen und einen Moment zu bewohnen wie ein Zimmer. Die 36 Bilder, aus denen Gerlings Daumenkinos bestehen und die im Kino oder im Fernsehen in 1,5 Sekunden vorbeiziehen würden, entfalten im Daumenkino durch ihre Wiederholbarkeit und den Umstand, dass die Leerstellen zwischen den Bildern spürbar bleiben und unbewusst ergänzt werden müssen, eine ungeahnte Kraft und Poesie.