Green Rules: Thementag Wachstum

Eine Woche vor dem definitiven Weltuntergang und zum Abschluss des Jahresschwerpunkts Green Rules wird im brut an einem Thementag noch einmal das Verhältnis von Kultur und Natur eruiert und der Frage nachgegangen, ob man sich zivilisatorischen Fortschritt jenseits von Akkumulation und Bereicherung vorstellen kann. Im Zentrum steht der Begriff „Wachstum“ als das volkswirtschaftliche Grundprinzip der freien Marktwirtschaft. Während die Biologie kein Wachstum ohne Verfall kennt, werden vor allem im „alten Europa“ die politischen Anstrengungen das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im Kampf gegen Stagnation und Rezession weiter anzukurbeln immer kurzatmiger. Zugleich wird der Ruf nach Nachhaltigkeit lauter: kurzlebige Verwertungsinteressen sollen zugunsten ressourcenschonender Lebens- und Produktionsformen durchbrochen werden. Wenn Kultur den Nährboden für das soziale Zusammenleben schafft, wenn Kunst den Abfall der Gesellschaft, das in der Wertschöpfung Nichtverwertbare, verarbeitet, dann hat künstlerische Produktion mehr mit Kompostierung als mit Prosperität zu tun. Gibt es in der Kunst fruchtbare Ansätze für einen neuen Umgang mit Natur? Was bedeutet Nachhaltigkeit in einer auf Wachstum insistierenden Gesellschaft? Kann die Dichotomie von Kultur und Natur jenseits von Polarisierung neu gedacht werden?

16 bis 21.45 Uhr (durchgängig) | brut im Künstlerhaus | Foyer
Hendrik Quast und Maika Knoblich (Berlin): Kränzen (Workshop/Installation)
Im brut-Foyer findet ein öffentliches „Kränzen“ – traditionell eine Zusammenkunft von Nachbarn – statt. Es entsteht gemeinsam mit dem Publikum eine Girlande aus Heide und Kiefer im Foyer von brut. Die KünstlerInnen geben Einblick in ihre Beschäftigung mit Natur im Theaterraum und die künstlerische Praxis des stage-gardenings. Anschließend wird die gebundene Girlande die Außenfassade des brut zieren. http://heideproject.wordpress.com

Jeder ist herzlich eingeladen. Kommt zahlreich! Alle Materialien und Werkzeuge werden von uns bereit gestellt.
Voranmeldung unter utrechtheide[AT]googlemail.com

Dank an Johann Geyer (Christbäume, Schmuckreisig).

16 Uhr bis 19 Uhr | brut im Künstlerhaus | Saal
Janez Janša (Ljubljana): Wailing Wall (Videoinstallation)
Eine Mauer ist eine Konstruktion, die trennt, einschüchtert, abgrenzt. Sie ist die Manifestation politischer Macht: Die Chinesische, die Berliner, die Israelisch-Palästinensische Mauer. Janes Janšas Videoinstallation zeigt eine Klagemauer aus Eis, die ihre Bedeutung im Prozess des Schmelzens entfaltet.


Ab 16 Uhr | brut im Künstlerhaus | Bar
united sorry/Frans Poelstra & Robert Steijn (Wien/Amsterdam): Green Conversations (Happening)
Frans Poelstra und Robert Steijn sind Gastgeber in der Bar im Künstlerhaus. Sie zeigen hier Ergebnisse aus ihren bisher vier Salons im Grünen und geben Einblick in ihre neue Produktion ghost exit. www.unitedsorry.com


17 Uhr | brut im Künstlerhaus | Saal
Janez Janša (Ljubljana): Wailing Wall (Vortrag)
Janez Janša wird in seinem Vortrag über die Publikumsreaktionen und -interaktionen sprechen, die seine Installation Wailing Wall im öffentlichen Raum ausgelöst hat. Außerdem geht es um künstlerische Ansätze, die sich mit dem Thema „Wachstum“ beschäftigen. www.maska.si


19 Uhr | brut im Künstlerhaus | Saal
Helmut Haberl (Wien): Wachstum, Nachhaltigkeit und sozioökologische Transitionen (Vortrag)
Das Wachstumsparadigma ist in der Krise. Angesichts von Finanzdebakel, steigender Armut und Ungleichheit und rasantem Klimawandels zweifeln immer mehr Menschen, dass eine Fortsetzung des Wachstumspfades die Lösung sein kann. Gerade der Klimawandel stellt unser Entwicklungsmodell grundlegend in Frage: die Emissionen steigen praktisch ungebremst. Die bisher dominante Strategie der Ökoeffizienz, also die Verringerung der Umweltbelastungen pro Einheit Wirtschaftsleistung, reicht offensichtlich für eine Trendwende nicht aus. Vermeintliche Lösungen entpuppen sich als unwirksam, ja kontraproduktiv. In seinem Vortrag analysiert Helmut Haberl (Institut für soziale Ökologie, Wien) die Problematik anhand des Begriffs der sozialökologischen Transition. Die Ökologisierung des eigenen Konsums ist ein wichtiger Beitrag in Richtung auf eine nachhaltige Gesellschaft – mindestens so wichtig ist es jedoch, sich aktiv in die Debatte einzumischen, welche Zukunft wir wollen.


20.30 Uhr | brut im Künstlerhaus | Saal
Elisabeth von Samsonow (Wien): Geld Kaputt/Geohör Pracht Echo (Lecture/Performance)
Was geschieht, wenn das Prinzip „Wachstum“ seine eigentliche Bedeutung zurück erhält, so dass es sich nur mehr auf lebendige Dinge bezieht, die wirklich zunehmen und abnehmen? Das durch die urbanen Kulturen verdeckte Kapital der wachsenden Güter WALD FELD HERDE bringt die Künstlerin und Philosophin Elisabeth von Samsonow (Akademie der Künste, Wien) in Erinnerung. Zu diesem Zwecke wird das Verhältnis zwischen Leib und Geld gnadenlos unter die Lupe genommen. Dabei lassen sich eine menschliche Stimme – die der Philosophin – und die Stimmen der Bäume zu gleichen Teilen in einer Wachstumsharmonie (YUMMY TONES) vernehmen. Der akute Wald-Gesang steuert sein eigenes Argument zur Analyse bei.


22.00 Uhr | brut im Künstlerhaus | Saal
Davis Freeman (Brüssel): 7 Promises (Performance)
Trinken für eine bessere Welt. Dem drohenden ökologischen Desaster machen die beiden Künstler Davis Freeman und Jerry Killick mit performativ-missionarischem Eifer den Garaus. Gemeinsam mit dem Publikum wird der ökologische Fußabdruck in dreißig Minuten und bei etlichen Liter Wodka Glas für Glas verändert! www.randomscream.be

23.00 Uhr | brut im Künstlerhaus | Saal
Lichenisierung (Wien): Lichenisierung (Performance)
Lichenisierung beschreibt den Prozess wuchernden Flechtenwachstums als Resultat einer symbiotischen Lebensgemeinschaft zwischen einem Pilz und einem oder mehreren Photosynthese betreibenden Partnern. Das lose Kollektiv von neun KünstlerInnen legt vor dem Publikum seine kollektive, organische Arbeitsweise mit visuellen und auditiven Mitteln offen. www.lichenisierung.net

€ 8,–/6,– mit brutkarte*