BRUT GESCHICHTE
brut im Künstlerhaus
Das Wiener Künstlerhaus wurde 1868 als Gesellschafts- und Ausstellungszentrum der ältesten noch bestehenden Künstlervereinigung Österreichs errichtet. Ab 1882 wurde der historische Bau der Ringstraßenzeit um zwei Seitenflügel vergrößert, um den notwendigen Raum für die erste große internationale Kunstausstellung zu schaffen. 1949 wurde im linken Seitenflügel, ursprünglich der Deutsche Saal, ein Kino eröffnet. Mehr als 20 Jahre später wurde im September 1972 der rechte Flügel, ehemals Französischer Saal, zur Installierung eines Theaters vermietet. Bis 1985 beherbergte der rechte Flügel des Künstlerhauses das Komödiantenhaus-Theater. 1987 scheiterte eine Initiative zur Neubespielung des Theaters als Politische Bühne Künstlerhaus an der Entscheidung der damaligen Kulturstadträtin Ursula Pasterk, die beschloss, das Theater im Künstlerhaus unter neuem Namen – gemeinsam mit dem ebenfalls leer stehenden Theater im Konzerthaus – allen freien Gruppen zur Verfügung zu stellen.
brut im Konzerthaus
Nach der Eröffnung des Wiener Konzerthauses 1913, war in den Kellerräumlichkeiten eines von drei Restaurants untergebracht, die zum Konzept des Hauses gehörten, nach wenigen Jahren aber in Konkurs gehen mussten. Seit den 1950er-Jahren – der goldenen Ära des Wiener Kellertheaters – wurde im Konzerthaus-Keller Theater und Kabarett gespielt. Zwei Jahrzehnte lang, von 1957 bis 1977, unterhielt das Theater in der Josefstadt dort das Kleine Theater im Konzerthaus, in dem u. a. Helmut Qualtinger zu Gast war. Zwischen 1977 und 1981 bespielte das Ensemble Theater unter der Leitung von Dieter Haspel das Konzerthaus, von 1981 bis 1987 betrieb das Volkstheater im Konzerthaus-Keller das VT-Studio.
dietheater
Als gemeinsames Dach für das Künstlerhaus- und das Konzerthaus-Theater wurde am 31. Jänner 1989 das dietheater in Trägerschaft des Theaterverein Wien unter der künstlerischen Leitung und Geschäftsführung von Christian Pronay gegründet. Von 1989 bis 2007 war dietheater eine Spielstätte für österreichische, freie Theatergruppen und zeigte vorrangig Produktionen von Wiener KünstlerInnen. Mit dem von Anfang an stattfindenden Festival imagetanz bot das dietheater auch der Wiener Tanzszene eine entscheidende Plattform.
dietheater wird brut
Im Sommer 2006 wurde vom Theaterverein Wien die Künstlerische Leitung für die beiden Spielstätten im Künstlerhaus und Konzerthaus neu ausgeschrieben. Thomas Frank und Haiko Pfost konnten mit ihrem Konzept das Bewerbungsverfahren für sich entscheiden und wurden schließlich am 20. November 2006 von Kulturstadtrat Dr. Andreas Mailath–Pokorny als neue Künstlerische Leiter designiert.
Für den Neubeginn stehen sowohl der Umbau des Hauses als auch der Namenswechsel zu brut. Der Name brut ist ein Fundstück und stand in großen Lettern an der Rückwand der Bar im Konzerthaus. Die Spannweite und die Widersprüchlichkeit der mit dem Begriff verbundenen Bedeutungen stehen für die Offenheit und Prozesshaftigkeit der künstlerischen Arbeit des Koproduktionshauses Wien.
Zur Neueröffnung wurden auch die Spielstätten umgebaut. Brut im Sinne von roh, unverputzt wurde zur Leitidee für die Umgestaltungsmaßnahmen. Und so präsentierte sich brut im Künstlerhaus nach der Umgestaltung, bei der die unter der glatten, allzu coolen metallenen Wandverkleidungen und Verblendungen liegenden Schichten wieder sichtbar gemacht wurden.
Umbau
Die Gruppe konstantin gabel – Ece Anisoglu, Jakob Brossmann, Julia Miglinci und Johannes Weckl –, vier Studierende der Klasse für Bühnen- und Filmgestaltung der Universität für angewandte Kunst Wien, entwickelte gemeinsam mit den ArchitektInnen Gabu Heindl und Manfred Hasler und in enger Zusammenarbeit mit der neuen Intendanz das Umgestaltungskonzept für brut. Es wurden sowohl Veränderungen im Publikumsbereich vorgenommen als auch eine gänzlich neue Bar gebaut, die zur brut-Eröffnung im November 2007 ihren Betrieb aufnahm. Im Vordergrund des Umbaus stand der Gedanke, vielseitige, adaptionsfähige Räume zu schaffen, deren Nutzbarkeit nicht eindeutig vorgegeben ist. Der Kultur der reibungsfreien Abfertigung stehen haptische, raue Räume gegenüber. Das im weitesten Sinne unfertige Haus versteht sich als dauerhafte Einladung, den Raum zu ergreifen und ihn zum Schauplatz einer Auseinandersetzung zu machen. Alte Materialien, anstelle einer durchdesignten Ausstattung, sowie Fundstücke wurden wiederverwertet und transformiert, verbaute Strukturen wurden freigelegt und sichtbar gemacht.
Nach der Bestellung von Thomas Frank und Haiko Pfost als neue künstlerische Leiter und der Vorbereitungszeit in den Monaten von Januar bis November 2007 wurde brut am 9. November 2007 mit einem zweitägigen Fest eröffnet.